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Der etwas andere Arztroman

Der etwas andere Arztroman

Foto: © Sergey Nivens - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Friedrich Schiller hat es getan. Ebenso Arthur Schnitzler, Georg Büchner, Alfred Döblin, Michail Bulgakov oder Anton Tschechow. Sie alle haben Werke verfasst, die heute zum Kanon der klassischen Literatur zählen. Doch die genannten Schriftsteller eint noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie alle waren vor oder während ihrer Wirkzeit Ärzte. Es scheint also eine Verbindung zwischen der Berufung zum Heilen und jener zum Schreiben zu geben – denn auch heute noch begeben sich Medizinerinnen und Mediziner gerne in die Welt der Literatur, wie unsere Buchtipps zeigen. 

 

Tage in Weiß

Rainer Jund (* 1956) begann seine Ausbildung nach dem Medizinstudium an der Universitätsklinik München und praktiziert bis heute als HNO-Arzt. Mit seinem ersten Buch, dem literarischen Werk „Tage in Weiß“, nähert er sich seinem Beruf nun auch erzählerisch. Darin begleitet der Leser eine Kunsthistorikerin und ihren Mann auf Hochzeitsreise nach Florenz. Doch das große Glück ist nicht von Dauer – eine plötzliche Gehirnblutung, die der Protagonistin widerfährt, ändert alles … Mit „Tage in Weiß“ entwirft der Autor Geschichten, die mit literarischer Lakonie von der menschlichen Verletzlichkeit berichten. Befragt nach seiner Motivation, sich neben dem medizinischen Hauptberuf auch der Schriftstellerei zu widmen, entgegnet Jund: „Die Beziehung zu vielen Patienten und deren Geschichten war bei mir mit der Unterschrift unter einem Arztbrief nicht besiegelt. Ich wollte mehr erforschen, die Flächen dahinter illuminieren und die Besonderheit, die Dichte und auch die Poesie beschreiben, die die Medizin ausmacht.“ Denn diese, so Rainer Jund, handele in erster Linie doch vom Menschen und dessen Fragilheit.

 

Ohne Befund

In ihrer kürzlich erschienenen Anthologie „Ohne Befund: Geschichten aus dem Gesundheits-Wesen“ berichtet Lou Bihl, ehemalige Chefärztin des Klinikums für Strahlentherapie in Karlsruhe, aus dem ärztlichen Alltag. Dies tut sie mal einfühlsam, mal humoristisch, aber immer auch mit der notwendigen Portion Tiefgang – schließlich sollen die insgesamt zehn Kurzgeschichten auch zum Nachdenken anregen. Im Vordergrund aber stehen skurrile Anekdoten aus der Klinikwelt, die zwar mit einem gesellschaftskritischen Touch, stets jedoch auch augenzwinkernd daherkommen: Was passiert, wenn ein ehemaliger Patient zum Stalker wird? Ist die German Angst eine Erbkrankheit? Und sollte sich eine plastische Chirurgin von einem Model zur überflüssigen Brust-OP überreden lassen? In „Ohne Befund“ nimmt die Autorin Lou Bihl ihre Leserschaft mit auf eine unterhaltsame Reise hinter die Krankenhaus-Fassade und beleuchtet dabei moralische Zwickmühlen, fachliche Herausforderungen und seelische Abgründe. Übrigens: Der kleine Independent-Verlag, in dem das Werk erschienen ist, wurde während des ersten Corona-Jahres von Bihl selbst ins Leben gerufen.   

 

Todesschweigen

Seit 2021 veröffentlicht der Mediziner Stefan S. Kassner Romane, Novellen und Kurzgeschichten, vornehmlich in den Genres Thriller, Krimi und Cosy Crime. Mittlerweile hat er seinen Arztkittel an den Nagel gehängt, um sich voll und ganz dem Autorendasein zu widmen – und zwar auf der Sonneninsel Mallorca. In „Todesschweigen“ heftet sich Kassners Ermittlerin Vera Winter an die Fersen eines grausamen Frauenmörders, der sich auf freiem Fuß befindet: Als Winter, die in ihrer Laufbahn schon so Manches gesehen hat, zum Tatort einer übel zugerichteten Leiche gerufen wird, läuft es selbst der erfahrenen Kriminalistin eiskalt den Rücken herunter. Das Opfer wurde in der Suite eines Luxushotels aufgefunden, im Bett liegend, rundherum mit Rosenblättern bestreut. Auch fehlen der Leiche die Lippen. Wer ist für diese schreckliche Inszenierung verantwortlich? Und welche Rolle spielt die Tatsache, dass das Opfer ein glühender Fan von Liebesromanen war? Als eine weitere Frauenleiche gefunden wird, überschlagen sich die Ereignisse …

 

Verrücktes Blut

Joe Bausch blickt auf eine mehr als dreißigjährige Laufbahn als Leitender Regierungsmedizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt Werl zurück. Einem breiten TV-Publikum dürfte er jedoch eher als Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth im Kölner Tatort bekannt sein. Mit Erfahrungsberichten aus seiner täglichen Arbeit als Gefängnisarzt hat Bausch bereits Bestseller gelandet („Gangsterblues“, „Knast“), nun erzählt er in „Verrücktes Blut“ seine eigene Geschichte. Diese beginnt auf einem Bauernhof im kargen Westerwald, zu Beginn der Fünfzigerjahre. Josef Hermann, der sich später Joe nennen wird, leidet unter der Härte des Vaters, er will das raue Klima der Nachkriegsjahre hinter sich lassen … In seiner Autobiographie, die den Untertitel „Wie ich wurde, der ich bin“ trägt, zeichnet er seinen Lebensweg nach, der mitunter von tiefster Demütigung, Gewalt und Übergriffen geprägt war. Doch Bausch, der als Kind laut Eigenaussage nicht stillsitzen konnte, kämpft sich heraus aus der Enge, besucht das Gymnasium und geht seinen Weg. Ein schonungslos ehrliches Buch. 

 

Die vergessene Revolution

In seinem neuesten Werk widmet sich Joachim Stengel der Nelkenrevolution, die am 25. April 1974 einen grundlegenden politischen Umsturz in Portugal herbeigeführt hat. In jener Zeit des Aufkommens der freien Liebe macht sich die Protagonistin Julia, eine amerikanische Studentin, auf den Weg durch die Wirren der unblutigen Revolution. Dabei muss sie sich entscheiden: zwischen zwei Männern und auch zwei Lebensentwürfen. Über diesem Setting schwirrt die Frage, inwiefern politische und soziale Veränderungen eben auch ohne Blutvergießen möglich sind. Joachim Stengel (* 1952) ist seit 25 Jahren als Psychotherapeut in eigener Praxis im Ruhrgebiet tätig. Er veröffentlichte bereits drei Kriminalromane, drei Thriller sowie eine Anthologie. Welche Rolle spielte der berufliche Hintergrund Stengels beim Verfassen des neuen Buchs „Die vergessene Revolution“? „Emotional geht selbstverständlich immer auch etwas aus den persönlichen Erlebnissen in den Prozess des Schreibens mit ein“, so der Psychotherapeut. „Ich kann durchaus sagen, dass mir die eigenen Erfahrungen von damals sowohl in meinen Beziehungen als auch in den Paartherapien heute sehr zugute kommen.“

 

Der Hypnotiseur

Jakob Hein war ab 2005 Oberarzt in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité; seit nun 13 Jahren ist er als niedergelassener Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie in Berlin-Kreuzberg tätig. Der Sohn des Schriftstellers Christoph Hein blickt bereits auf mehrere Veröffentlichungen zurück, darunter etwa „Mein erstes T-Shirt“ (2001), „Kaltes Wasser“ (2016) oder „Hypochonder leben länger und andere gute Nachrichten aus meiner psychiatrischen Praxis“ (2020). Zuletzt hat Jakob Hein das Werk „Der Hypnotiseur oder: Nie so glücklich wie im Reich der Gedanken“ vorgelegt. Darin erzählt er die Geschichte von Micha, der in den Zeiten des Sozialismus und nach Abschluss seines Psychologiestudiums ins untere Odertal zu seiner Großmutter zieht. Mit ihm kommen schon bald weitere neue Leute ins Dorf – Künstler, Studenten, schillernde Personen. Es entsteht das Gerücht, im alten Bauernhaus der Großmutter entstehe eine Sekte, die Westreisen organisiere. Zumindest per Hypnose kann Micha den Menschen im Odertal den Traum von Frankreich oder Kalifornien erfüllen. Doch was geschieht, wenn diese Reisen im Kopf plötzlich mit der realen Welt kollidieren? Ein Buch über die Rolle der Gedankenfreiheit in krisenhaften Zeiten.    

 

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