Zur Vermeidung einer Übertragung von Krankheitserregern und damit einhergehenden Infektionen gilt unter medizinischem Personal die Händedesinfektion als besonders effektiv. Die Einhaltung dieser Hygienemaßnahme im Gesundheitswesen wird seit über 14 Jahren von der deutschlandweit agierenden Kampagne „Aktion Saubere Hände“ forciert. Diese trägt wirkungsvoll zur Steigerung der Aufmerksamkeit für die Händedesinfektion bei – und somit auch zur Verbesserung der Patientensicherheit.
Husten, Fieber, Durchfall oder auch Hautrötungen: Die Symptome, die infektionsbedingt auftreten können, sind vielfältig. Häufige Erreger solcher Erkrankungen sind Bakterien, Viren und Pilze – während manch ein Betroffener dies ohne größere Probleme verkraftet, erkranken andere wiederum schwer. In Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie in der ambulanten Versorgung genießt die Vermeidung solcher Infektionen daher absolute Priorität. Unter den Maßnahmen, die dabei zum Zuge kommen, bildet die gewissenhafte Händedesinfektion eine wichtige Grundlage ab. Die nationale Kampagne Aktion Saubere Hände wurde im Januar 2008 ins Leben gerufen, um auf eben diesen Umstand aufmerksam zu machen. Träger sind das Nationale Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ) und das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS); auch können die Initiatoren auf die Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit setzen.
Dr. med. Tobias Kramer vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Berliner Charité zählt zum fachlichen Betreuungsteam der „Aktion Saubere Hände“ und umreißt deren Zielgruppe: „Die Kampagne richtet sich primär an Einrichtungen und Mitarbeitende im Gesundheitswesen. Das schließt sowohl den stationären, aber auch den ambulanten Bereich mit ein – Pflegeeinrichtungen etwa, oder Arztpraxen und Dialysezentren. In erster Linie dient die Aktion der Verbesserung der Patientensicherheit.” Dieses oberste Ziel basiert auf der „Clean Care is Safer Care”-Kampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die in der Händedesinfektion ebenfalls eine effektive Maßnahme zur Vermeidung der Übertragung von Krankheitserregern sieht. Dr. Tobias Kramer: „Die WHO hat zu Beginn der 2000er-Jahre damit begonnen, diesen wichtigen Themenkomplex in der Gesellschaft zu verankern. Aus den damals evaluierten wissenschaftlichen Studien heraus wurde der Versuch unternommen, analoge Strukturen in ganz unterschiedlichen Gesundheitssystemen weltweit zu etablieren.” Vergleichbare Kampagnen wurden somit auch in anderen Ländern entwickelt.
Krankenhäuser können sich zertifizieren lassen
Zwar sind alkoholische Händedesinfektionsmittel hierzulande bereits deutlich länger im Einsatz als in anderen Industrienationen; Unsicherheiten bezüglich der richtigen Anwendungsmomente bestehen jedoch weiterhin. Genau hier setzt die „Aktion Saubere Hände“ an: Neben der Wissensvermittlung in Form von Fortbildungen, Aufklärung und verschiedenen Aktionen hält sie für medizinisches Personal Materialien zur Motivation und Erinnerung bereit. Teilnehmende Einrichtungen werden zudem für vielfältige Maßnahmen sensibilisiert – eintägige Einführungskurse zum Beispiel, die Verbesserung der Ausstattung mit Desinfektionsmittelspendern sowie einen jährlichen Erfahrungsaustausch. „Seit dem Start der Aktion hat sich die Situation verbessert und auch die Wahrnehmung deutlich zum Positiven entwickelt”, unterstreicht Dr. Kramer, der gleichzeitig aber auch feststellt: „Weiterhin existieren Teilgebiete, in denen wir erkennen, dass im Sinne der Patientensicherheit noch Verbesserungsbedarf besteht.” Hier legt der Experte den Fokus vor allem auf den richtigen Zeitpunkt der Händedesinfektion sowie die Barrieren, die eine Umsetzung im Arbeitsalltag verhindern können.
Damit die Aktionsteilnehmer ihre Bemühungen publik machen können, erhalten sie die Möglichkeit einer gestaffelten Zertifizierung. Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken mit einem Bronze-, Silber- oder Gold-Zertifikat signalisieren so ihre hohe Motivation, Verbesserungen bei der Händedesinfektion fortwährend voranzubringen. Die Staffelung basiert dabei auf einer detaillierten Datenanalyse. Dr. Tobias Kramer erläutert: „Unsere Zertifizierungen sind vor einigen Jahren etabliert worden, um den Einrichtungen ein Tool bieten zu können, mit dem sie zeigen, wie ernst sie das Thema nehmen. Dass sie alles Notwendige, was aktueller Stand der Wissenschaft ist, in die Wege leiten. Vor allem die zu erfüllenden Aufgaben für Silber und Gold sind dabei sehr umfassend – in manchen Häusern mangelt es da noch an der Personalausstattung.” Natürlich könne laut Kramer auch der jeweilige Verbrauch des Händedesinfektionsmittels gemessen an einer Vergleichsgruppe einen hilfreichen Parameter zur Beurteilung der Bemühungen darstellen, allerdings sage dieser Wert relativ wenig darüber aus, ob die Desinfektion zum richtigen Zeitpunkt erfolge. Aus diesem Grund empfehle sich eine sogenannte Compliance Beobachtung – nur so ließen sich die Tätigkeiten in der Patientenversorgung begutachten und strukturiert erfassen. Dieses erlangte Wissen müsse dann an die Belegschaft zurückgespielt werden, um gemeinsam Verbesserungslösungen auf den Weg zu bringen.
Mindestausstattung: ein Desinfektionsspender pro Patientenbett
Hände kommen im Alltag häufig mit Krankheitserregern in Kontakt; berühren sie anschließend das Gesicht, gelangen die Erreger über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper, wo sie eine Infektion auslösen können. Regelmäßiges Händewaschen mit Seife beseitigt zwar Schmutz und Krankheitserreger, lässt die Haut aber auch schneller trocken und spröde wirken – sie verliert ihre schützende Funktion. Daher ist die Händedesinfektion (nicht nur im Gesundheitswesen) so wichtig. Laut Robert Koch Institut (RKI) kommt hierbei das von der WHO formulierte „Five Moments”-Modell zum Tragen. Dieses sieht eine ausnahmslose Händedesinfektion vor Patientenkontakt, vor einer aseptischen Tätigkeit, nach Kontakt mit potentiell infektiösem Material, nach Patientenkontakt sowie nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung vor. Ferner empfiehlt das RKI, dass überall dort, wo eine Desinfektion durchgeführt werden muss, entsprechende Spender vorzuhalten sind. Für Patientenzimmer wird in Abhängigkeit von der Anzahl der Betten platznah ein Spender pro Patientenbett auf Intensiv- und Dialysestationen als Mindestausstattung empfohlen, auf Nicht-Intensivstationen ist es ein Spender für je zwei Patientenbetten plus einer in der Sanitärzelle. Dr. Tobias Kramer: „Dabei geht es keineswegs um den Gedanken »Viel hilft viel«, sondern eher darum, dass solch eine Ausstattung am »Point of care« mit einer deutlich besseren Umsetzung der Händehygiene einhergeht.”
Die gestiegene Zahl an Einrichtungen, die auf freiwilliger Basis Compliance-Beobachtungen zur Händedesinfektion auf ihren Stationen vornehmen, verzeichnen die Initiatoren der „Aktionen Saubere Hände“ als klaren Erfolg. Auch eine verbesserte Wahrnehmung für die Sicherheit von Patienten sei deutlich zu erkennen. Doch: Die Händehygiene stellt einen stetigen Prozess dar, ein Thema, das an keinem Punkt endet, sondern vielmehr ein permanentes Weiterdenken erfordert. Dr. Tobias Kramer blickt nach vorn: „Wichtig wird es sein, dass bei den teilnehmenden Einrichtungen die Weitergabe der erhobenen Zahlen an die Mitarbeitenden noch stärker erfolgt. Nur so lässt sich herausfiltern, wo es noch Optimierungsbedarf gibt. Hinzu kommt die Erweiterung von Schulungsmaterialien und Lehrinhalten in den Sektoren der ambulanten Versorgung, um auch dort eine Professionalisierung im Bereich der Infektionsprävention in Deutschland zu erreichen.”