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Tätowierer arbeitet an großem Rückenmotiv

Wie schädlich sind Tätowierungen?

Beliebter Körperschmuck: In Deutschland trägt mittlerweile jeder Fünfte eine Tätowierung. Foto: © mikhail_kayl - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Wer sich für den Gang zum Tätowierer entscheidet, stellt im Vorfeld verschiedene Überlegungen an: Welche Körperregion kommt in Frage? Wie soll das Motiv aussehen? Was darf es kosten? Eher seltener stehen jedoch Bedenken zu gesundheitlichen Risiken im Raum. Dabei sind diese durchaus gegeben, denn neben möglichen Infektionen, Allergien und bleibenden Hautschädigungen stehen vor allem farbige Tattoos im Verdacht, durch Pigmentablagerungen dem Körper langfristig zu schaden.

Die Deutschen mögen es bunt: Tätowierungen erfreuen sich hierzulande seit Jahren immer größerer Beliebtheit, schon jeder Fünfte hat sich bereits den Körper mit der Nadel verzieren lassen. Während die meisten Menschen ihren Körperschmuck als völlig harmlos erachten, werden kritische Stimmen aus Expertenkreisen zusehends lauter. Dies unterstreicht eine neue EU-Regelung, die seit Januar 2022 einen Großteil aktueller Tattoofarben aufgrund enthaltener Chemikalien wie beispielsweise Konservierungsstoffe verbietet. Für die Tätowierer bedeutet das: Kauf, Lagerung und somit auch die Benutzung entsprechender Farben sind ab sofort untersagt. Tatsächlich haben Fachhändler bereits reagiert und ihr Angebot auf EU-konforme, vor allem schwarze Farbe umgestellt.

Doch welche Stoffe kommen überhaupt zum Einsatz? Um dies beurteilen zu können, ist die genaue Definition für Tätowiermittel zu klären. Vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist zu erfahren: „Der Gesetzgeber versteht unter Mitteln zum Tätowieren Stoffe und Gemische aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, zur Beeinflussung des Aussehens in oder unter die menschliche Haut eingebracht zu werden und dort, auch vorübergehend, zu verbleiben. Hierzu zählen auch Permanent Make-ups.” Geregelt ist dies unter anderem im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch – temporäre Tattoos, die lediglich auf die Haut gemalt werden, zählen nicht dazu. Die Farbmittel, die bei einer klassischen Tätowierung zum Einsatz kommen, bestehen hauptsächlich aus Pigmenten und Suspensionsmitteln als Trägerflüssigkeit. Letztere können neben Verdickern und Konservierungsstoffen noch weitere Substanzen enthalten. Auch existieren rechtliche Vorschriften für Tattoos, wie das BfR zusammenfasst: „Tätowiermittel sind seit 2009 auch durch die deutsche Tätowiermittelverordnung geregelt. Die Verordnung benennt in einer Negativliste Stoffe, welche nicht enthalten sein dürfen, wie beispielsweise krebserzeugende, primäre aromatische Amine aus Azofarbstoffen und gesundheitsschädliche Pigmente.”

Pigment Blau 15:3 und Pigment Grün 7: Derzeit stehen die zwei Pigmente Blau 15:3 und Grün 7 im Fokus der öffentlichen Diskussion. Beide Pigmente werden häufig in Tätowiermitteln eingesetzt. Die Pigmente dürfen in kosmetischen Mitteln als Farbstoffe verwendet werden, da sie nach einer Bewertung durch das wissenschaftliche Expertengremium Scientific Committee on Cosmetology der EU-Kommission in der Positivliste der europäischen Kosmetikverordnung gelistet sind. Beide Pigmente werden in Europa in einer Tonnage von mehr als tausend Tonnen pro Jahr hergestellt (u. a. für die Lack- und Farbenindustrie). Laut Bundesinstitut für Risikobewertung zeigen aktuell verfügbare Daten eine vergleichsweise geringe Toxizität auf.

Pigmente lagern sich in der Haut ab

Seitens der Tattoobranche ist mit Blick auf das formulierte Farbenverbot Kritik zu vernehmen, gestalte sich die Forschungsgrundlage rund um die eingesetzten Stoffe und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit doch noch recht dünn. Wie viel Farbe beim Tätowieren in den Körper gelangt, konnte in der Tat noch nicht mit handfesten Daten belegt werden, dennoch sind mögliche Gefahren bekannt. So wurden bei Stichproben durchaus krebserregende Stoffe in den Farben gefunden; auch können sich Farbpigmente aus den Tattoos dauerhaft in Form von Nanopartikeln in Lymphknoten ablagern oder durch das Lymphsystem andere Organe erreichen. Hinsichtlich der Verteilung, Verstoffwechselung und Ablagerung bzw. Ausscheidung der Farbpigmente sieht das BfR Forschungsbedarf: „Es ist anzunehmen, dass die löslichen Bestandteile der Trägerflüssigkeit systemisch verfügbar sind und verstoffwechselt werden. Die Pigmente sind dagegen meist unlöslich. Sie lagern sich zunächst in der Haut ab. Nanospezifische Substanzen und chemische Kombinationen weisen häufig neue physikalisch-chemische Eigenschaften auf.”
Neben diesen Vorgängen im menschlichen Körper sind durch das Stechen von Tätowierungen auch äußere Einflüsse bekannt – schließlich ereignen sich bei diesem Vorgang unzählige mikrokleine Verletzungen auf der Haut. Um die Gefahr einer Infektion zu umgehen, sollten daher ausschließlich professionelle Studios infrage kommen, während es spontane Tätowierungen im Urlaub oder auf Festivals zu vermeiden gilt. Auch betonen Experten das Risiko allergischer Reaktionen auf bestimmte Farbstoffe, was sich durch Rötungen, Schuppungen oder auch nässende Wunden bemerkbar machen kann. Hier warnt das BfR: „Wirkungen auf die Gesundheit im Zusammenhang mit Tätowierungen können sofort nach dem Tätowieren oder Wochen danach auftreten. Die überwiegende Mehrheit der Komplikationen steht im Zusammenhang mit lokalen Hautreizungen oder Hautreaktionen allergischer Natur.” Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu bedenken gilt: Großfläche Tätowierungen erschweren die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs; seriöse Tätowierer stechen daher nicht über ein Muttermal.

Negativabdruck aus vernarbter heller Haut

Ob Jugendsünde oder schlecht gestochen: Manch einer möchte seine Tätowierung wieder loswerden. Wer dabei, salopp gesagt, an den guten alten Tintenlöscher aus der Schulzeit denkt, irrt jedoch gewaltig. Denn es besteht keine Garantie, dass sich vor allem große und bunte Motive gänzlich durchs Lasern entfernen lassen – eine Art Negativabdruck aus vernarbter heller Haut kann zurückbleiben. Auch das Problem der Nanopartikel-Ablagerungen in den Lymphknoten ist damit keinesfalls vom Tisch: Die Farbpigmente werden bei der Entfernung in noch feinere Teile „zersprengt” und es kommt zum abermaligen Abtransport. Weitere gesundheitliche Risiken beim Entfernungsprozess: Narbenbildung, Hautveränderungen und allergische Reaktionen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät nicht nur deswegen, Tattoo-Entfernungen nur mittels medizinisch anerkannter Verfahren und von geschultem Personal in entsprechenden Einrichtungen vornehmen zu lassen: „Seit dem 31.12.2020 steht die Tattooentfernung mittels Laser unter Arztvorbehalt, das heißt, dass nur approbierte Ärzte mit der entsprechenden Weiterbildung Tattoos entfernen dürfen.”

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung

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