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Skeptisch schauende Frau

Was verrät die Körpersprache?

Stirn in Falten, Arme verschränkt: Auch eine „stille Sprache“ kann viel aussagen. Foto: © Cookie Studio 2017 - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Zwischenmenschliche Kommunikation besteht bei weitem nicht nur aus sprachlich getätigten Äußerungen; auch unzählige nonverbale Signale tragen zum Gelingen oder Misslingen eines Gesprächs im privaten und auch beruflichen Bereich bei. Nur wer den ganzen Menschen sieht und die Zeichen der Körpersprache richtig deutet, ist auch in der Lage, Emotionen und Motive eines Gegenübers einschätzen zu können. Vor allem der Mimik kommt dabei eine bedeutsame Rolle zu.  

Ein Gesicht sagt mehr als 1000 Worte, so heißt es in einem Sprichwort. Tatsächlich vermittelt die menschliche Mimik als maßgeblicher Teil der Körpersprache allerlei nonverbale Inhalte, die das Gesagte unterstützen, allerdings auch im Kontrast zum Geäußerten stehen können. Wer im Gespräch etwa die Nase rümpft, sich auf die Lippen beißt oder die Augenbrauen hochzieht, sagt mitunter mehr, als eigentlich gewünscht. Dies kommt in unzähligen Lebensbereichen zum Tragen: In zwischenmenschlichen Beziehungen, in Mitarbeiter- und Verhandlungsgesprächen sowie auch in der Arztpraxis. Das vom deutschen Wirtschaftspsychologen Dirk W. Eilert entwickelte Konzept der Mimikresonanz® hilft dabei, Körpersprache multimodal-dynamisch zu verstehen. Die Methode baut auf aktuellen Forschungsergebnissen aus Psychologie und Verhaltensforschung auf. Im Kern fördert sie die Fähigkeit, Emotionen eines Gegenübers korrekt zu erkennen und zu interpretieren, um schließlich in einem angemessenen Maße damit umgehen zu können.

Mikroexpressionen treten nur für Millisekunden auf

Dr. med. Renate Mürtz-Weiss ist Coach für Burnout-Prävention, Resilienz und gesunde Führung – in ihrer Praxis im baden-württembergischen Schriesheim wird sie als Mimikresonanz®-Beraterin künftig selbst entsprechende Trainings anbieten: „Mit dieser Methode lässt sich Vieles in der Kommunikation, im Miteinander und somit auch in der körperlichen und mentalen Gesundheit verbessern. Das gilt sowohl für den beruflichen, als auch persönlichen Kontext.” In ihren Führungskräftetrainings, Einzelcoachings und Beratungsgesprächen spielt die Mimikresonanz® eine wichtige Rolle, haben Erhebungen doch gezeigt, dass im persönlichen Miteinander die Erkennungsfähigkeit nonverbaler Signale bei bis zu 70 Prozent liegt. Diese sogenannten mimischen Mikroexpressionen treten allerdings nur für Millisekunden auf. Dr. med. Renate Mürtz-Weiss: „Durch das Erlernen der Mimikresonanz®-Methode ist es mir mittlerweile möglich, empathisch mehr als 90 Prozent dieser Mikroexpressionen wahrzunehmen. So kann ich damit eine deutlich bessere Qualität in meinen Coachings und Trainings liefern. Das ermöglicht mir etwa, auf unausgesprochene Einwände einzugehen oder ein Höflichkeitslächeln als solches zu erkennen.” Wichtig sei dabei stets die eigene Haltung: „Habe ich eine schnelle Mimik erkannt und entschlüsselt, gilt es immer im Sinne und zum Wohle des mir gegenübersitzenden Menschen zu reagieren. Meine Mimik als Coach beeinflusst dabei ein Gespräch nicht mehr und auch nicht weniger als alle anderen. Mikroexpressionen lassen sich auch von mir nicht steuern, daher könnte es sein, dass ein Klient mit beispielsweise 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen Ausdruck von Skepsis meinerseits erkennt.”

Zwar lassen sich in der Mimik eines Menschen etwa Hinweise auf Stress oder Unsicherheiten finden – die eine Körpersprache existiert jedoch nicht. So signalisieren verschränkte Arme vielleicht eine Abwehrhaltung und den Wunsch nach Distanz, gleichzeitig kann es sich dabei aber auch um eine bequeme Körperhaltung im lockeren Gespräch handeln. Die Primäremotionen der Mimik sind jedoch kulturübergreifend gültig. Das Beispiel zeigt, wie förderlich das Entschlüsseln unserer „stillen Sprache” ist: Wer diese Kernkompetenz besitzt, steigert seine Empathie und Menschenkenntnis sowie die eigene Wirkungskompetenz. „Das empathische Erkennen von Mikroexpressionen ist tatsächlich erlernbar und hilft uns in sämtlichen Berufen und Alltagssituationen”, so Dr. med. Renate Mürtz-Weiss. Sie blickt auf den privaten Bereich: „Wer gezeigte Reaktionen und Emotionen seines Partners erkennt, kann diese thematisieren und so idealerweise unausgesprochene Missverständnisse aus dem Weg räumen.” Dabei sei ein gewisses Feingefühl gefragt: Das Erkennen einer Angst im Gesicht des Gegenübers gebe noch keinerlei Aufschlüsse darüber, woher diese rührt und auf wen oder was sie sich bezieht.

Emotionale Faktoren haben Einfluss auf die Gesundheit

Die Einsatzfelder der Mimikresonanz® sind mehr als umfangreich. So kann die Interpretation mimischer Signale etwa im Verkaufsgespräch dazu beitragen, Kundenwünsche und -motive richtig zu interpretieren. Personalentscheider wiederum machen aufgrund präziser Beobachtungen vielleicht Stresssensoren und sensible Punkte aus, um weiterführende Informationen über einen Angestellten zu erlangen. Und auch im Gesundheitswesen zeigt die Methode ihre Wirkung, ist der Einfluss emotionaler Faktoren auf die Gesundheit und den Heilungsprozess doch nicht von der Hand zu weisen. Vor ihrer Tätigkeit in den Bereichen Coaching, Beratung und Training war Dr. med. Renate Mürtz-Weiss langjährig als Allgemeinmedizinerin sowie medizinische Gutachterin in verschiedenen Kontexten tätig. Auf Basis dieser Erfahrung entwirft sie ein passendes Szenario: „Wenn mir ein Patient gegenübersitzt, der an Bluthochdruck leidet, sehe ich zwei sehr gute Argumente für die Methode der Mimikresonanz®. Erkenne ich zum einen beim Patienten durch das Verkünden der Diagnose eine erhöhte Angst, kann ich ihm meine Wahrnehmung mitteilen und unmittelbar beruhigen. Wer sich vor einem Herzinfarkt fürchtet, kann zusätzlichen Stress schließlich nicht gebrauchen.” Für dieses behutsame Signalisieren benötige es laut der Medizinerin keine halbe Stunde, vielmehr seien zwei bis drei Sätze ausreichend. Das andere Beispiel bezieht sich auf das Verschreiben von Medikamenten: „Sehe ich da eine gewisse Abwehr in der Mimik des Patienten und erkenne ich dieses nonverbale Signal richtig, kann ich auch in dieser Situation in nur wenigen Sätzen bestärkend darauf eingehen. Die Compliance lässt sich dadurch deutlich erhöhen.” Unausgesprochene Emotionen erkennen, kurz darauf eingehen, den Heilungsprozess fördern – im Idealfall erspart dieser Dreisatz dem Patienten künftig den ein oder anderen Arztbesuch, was wiederum mehr Kapazitäten aufseiten der Mediziner mit sich bringt.

Was die Mimik beeinflusst

Das Erkennen mimischer Signale kann allerdings durch bestimmte Störfaktoren erschwert werden; manch einer möchte gewisse Gefühle vielleicht nicht offenbaren oder versucht, diese zu unterdrücken. Wie ist damit umzugehen? „Dann gibt es dafür sicherlich einen sehr guten Grund – und das gilt es zu respektieren”, verdeutlicht Dr. med. Renate Mürtz-Weiss. „Häufig werden bestimmte Gefühle, die sich in der limbisch gesteuerten Mikroexpression zeigen, auch gar nicht bewusst wahrgenommen und können nicht unterdrückt werden. Je nach Situation sollte man dies dann so stehen lassen oder mitunter sehr vorsichtig und fragend ansprechen, um dem Gegenüber jederzeit die Möglichkeit des Schutzes seiner Privatsphäre zu gewährleisten. Denn: Nur weil ich eine Emotion erkenne, muss ich sie noch lange nicht ansprechen.” Auch die Begleiterscheinungen der anhaltenden Corona-Pandemie nehmen Einfluss auf die Körpersprache: Durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist die Mimik größtenteils nicht zu sehen; Kontaktbeschränkungen reduzieren zudem die körperliche Nähe. Dr. med. Renate Mürtz-Weiss: „Die eingeschränkte Mimik kann auf der unbewussten Ebene Auswirkungen mit sich bringen, da das Gehirn weniger zuverlässige Signale erhält – Unsicherheiten, ein höheres Stressempfinden sowie ein erschwertes Herstellen von Verbundenheit sind mögliche Folgen. In meiner Wahrnehmung ist jedoch aktuell vor allem das Fehlen der körperlichen Nähe stark im Bewusstsein vieler Menschen verankert.” So sei zu vermuten, dass insbesondere Menschen, die viel alleine sind, eine geringere Menge des Bindungshormons Oxytocin ausschütten. Darunter könne die wichtige Fertigkeit der Empathie leiden.

Das Fazit: Mikroexpressionen sind „schneller als das Denken” und lassen sich nicht bewusst steuern – das gilt in der Arztpraxis, beim Vorstellungsgespräch, in der Polit-Talkshow oder bei einem ersten Kennenlernen gleichermaßen. Wer jedoch seine Fähigkeit stärkt, subtile Signale wie angespannte Lider, geschürzte Lippen oder das wiederholte Niederschlagen der Augen zu erkennen und richtig zu deuten, besitzt die einmalige Chance, seinem Gegenüber mit einem erhöhten Maße an Empathie zu begegnen – eine wertvolle Basis für Erfolg im Beruf, einen gesunden Lebensstil, Glück in der Partnerschaft sowie familiären Zusammenhalt.

rm-coaching.com

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