Der Deutsche liebt seinen Sportverein, sei es auf Landes-, Bezirks- oder Kreisebene. Eine Mitgliedschaft erleichtert den Zugang zu Sportstätten und -geräten und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Doch seit Ausbruch der Corona-Pandemie steht auch in diesem Bereich das Leben still – bei vielen Sportvereinen gehen Existenzängste um. Spendenaufrufe und Do-it-yourself-Angebote prägen das aktuelle Bild.
Exakt 88.348 Sportvereine wurden im Jahr 2019 in Deutschland gezählt, in denen sich wiederum rund 24 Millionen Mitglieder tummelten – mit einem Anteil von etwa 20 Prozent stammten die meisten Sportvereine aus dem bevölkerungsstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Dank seiner circa 7,1 Millionen Mitglieder gilt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) als größter Sportverband in der Bundesrepublik. Da überrascht es nicht, dass sich – mit Blick auf die sportlichen Präferenzen zwischen Männern und Frauen – rund sechs Millionen Männer für eine Mitgliedschaft in einem Fußballverein entschieden haben. Dem gegenüber stehen rund 3,4 Millionen Frauen, die sich in einem Turnverein fit hielten. Zahlen, die unterstreichen, welchen Stellenwert Sport und Bewegung hierzulande genießen. So sind es auch in erster Linie die Förderung der Gesundheit und der Ausgleich zum Alltag, die laut einer Statista-Umfrage zu den Hauptgründen zählen, in einem Verein Sport zu treiben. Auch zeigte die Erhebung, dass fast 70 Prozent der Deutschen allgemein am Thema „Sport“ interessiert sind, während lediglich 7,7 Prozent der Leibesertüchtigung nichts abgewinnen können.
Solidarfonds für Sportdeutschland
Welch wichtige Rolle Sport und Bewegung in der Gruppe für viele Menschen spielen, zeigt sich aktuell im Zuge der COVID-19-Pandemie, in deren Verlauf es landesweit zu Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten kam und kommt. Die hochdynamische Ausbreitung der Virus-Infektion hat große Auswirkungen auf den organisierten Sport – und zwar weltweit. Doch wurden nicht nur Großveranstaltungen wie die Fußballeuropameisterschaft und die Olympischen Sommerspiele (siehe Interview auf Seite 14) um ein Jahr verschoben. Auch der Trainings- und Wettkampfbetrieb auf nationaler und lokaler Ebene ist vom Shutdown komplett betroffen. Neben dem für die Motivation so bedeutsamen Gemeinschaftsgefühl gehen da auch etliche Einnahmen verloren. Wirtschaftliche Auswirkungen für Verbände und Vereine, die so nicht abzusehen waren. Ende März 2020 beschloss der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), einen eigenen Solidarfonds für Sportdeutschland aufzulegen. Titel: „Erhalt der Vielfalt des Sports“. Die Stiftung Deutscher Sport stellte dazu einen Grundstock von einer Million Euro bereit, der durch einen Spendenaufruf an die Öffentlichkeit ergänzt wurde. In einer Pressemitteilung ließ DOSB-Präsident Alfons Hörmann verlauten: „Wir wollen über unsere Forderungen an die Politik hinaus einen eigenen wertvollen Beitrag leisten, damit unsere einzigartige und vielfältige Verbands- und Vereinslandschaft auch in dieser Krisensituation erhalten werden kann. Nur dann ist es möglich, dass der Sport auch in Zukunft seine umfangreichen und nicht verzichtbaren Leistungen für die Gesellschaft zur Verfügung stellen kann.“ Die ohne Frage erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus treffen den Sport in existenzbedrohendem Maße. Die Folgen? Aktuell nicht einzuschätzen.
Schwitzen im eigenen Garten
Trotz all der abgesagten Turniere, fehlenden Trainingsmöglichkeiten und vor allem Einnahmeverluste: Es gibt auch positive Zeichen in der Krise. So haben viele Städte, Kommunen und Institutionen „Notfallangebote“ entwickelt und bieten online kostenlose Live-Streams zu verschiedenen Sportkursen an. Auch CrossFit- und Personal-Trainer melden sich per Smartphone, Tablet oder PC – statt im Park wird nun im heimischen Garten oder im Wohnzimmer geschwitzt. An vielen Volkshochschulen sind ebenfalls neue Angebote entstanden – Webinare oder Online-Kurse zum Thema „Gesundheitsgymnastik für zu Hause“ etwa. „Wenn Menschen derzeit dazu angehalten sind, zu Hause zu bleiben, dann muss die Weiterbildung darunter nicht leiden“, betont Ulrich Aengenvoort, Direktor des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV). „Online-Kurse und Webinare sind eine gute Möglichkeit, die derzeitigen Einschränkungen zu überbrücken.“
Für einen Masterplan im Umgang mit der Krise fehlt es an Erfahrungswerten und an vergleichbaren Situationen, weshalb sich auch die Jüngsten dieser ungewohnten Situation anpassen müssen. Kinder- und Jugendpsychotherapeuten sowie Sozialpädagogen raten Eltern zur Formulierung positiver Zukunftserwartungen, damit ein Ende der Maßnahmen in Sicht ist. Kinder leiden ganz besonders unter den Einschränkungen, sind soziale Isolation nicht gewohnt und drängen auf Bewegung. Schwer trifft es da zurzeit all jene, die ohnehin einen Anstoß zur körperlichen Betätigung benötigen. Einen Anstoß wie den gemeinsamen Vereinssport zum Beispiel. Grund genug, sich weiterhin für einen Erhalt der Vielfalt des Sports einzusetzen.