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Rückansicht einer Pflegerin in blauer OP-Kleidung, ein Bett über einen Krankenhausgang schiebend

Pflege: Tragende Säulen des Gesundheitswesens

Mehr Unterstützung, weniger Bürokratie: Umfassende Maßnahmen sollen Pflegekräfte entlasten. Foto: © lev dolgachov - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Das ohnehin schon stark ausgelastete Personal in der pflegerischen Versorgung stößt in den Zeiten der Corona-Pandemie an neue Grenzen: So kam und kommt es immer wieder zu Lieferengpässen bei Schutzausrüstung; Infektionen unter den meist dünn besetzten Belegschaften stellen ein großes Risiko dar. Das Bundesgesundheitsministerium und die Pflegeverbände haben sich auf umfassende Maßnahmen verständigt – doch setzen diese auch in sämtlichen Bereichen an?

Abstand halten in einem Beruf, in dem der Umgang mit anderen Menschen essentiell ist? Für Pflegekräfte stellt die Corona-Pandemie seit ihrem Ausbruch eine enorme Herausforderung dar, geht die Versorgung älterer, erkrankter Menschen doch unmittelbar mit dem Kontakt zur Risikogruppe einher. Zudem beklagten Pflegekammern und -verbände vor allem zu Beginn der Infektionswelle einen immensen Mangel an Schutzausrüstung, besonders in der Langzeitpflege. Da fehlte es an Atemschutzmasken, Einmalhandschuhen und Desinfektionsmitteln – für die Pflegekräfte, aber auch eben jene Menschen, die ambulant oder stationär versorgt wurden und werden. Gleichzeitig rückte die Arbeit des in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen angestellten Personals einige Wochen lang verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit: Dass die wichtige Tätigkeit der Pflegenden zu selten gewürdigt werde, darüber waren sich Politik und Öffentlichkeit einig. Genauso klar ist allerdings auch, dass es mit Applaus vom Balkon und Lob für diese kräftezehrende Arbeit nicht getan ist. Zur Entlastung der Pflegekräfte und -bedürftigen haben sich Bundesgesundheitsministerium und Pflegeverbände auf ein umfassendes Maßnahmenpaket verständigt. Vor allem bürokratische Prozesse sollen verringert werden. Einige Punkte in der Übersicht*:

Aussetzung des Pflege-TÜV bis Ende September 2020

Der Pflege-TÜV, der die Qualität einer Pflegeeinrichtung bewertet, wird bis in den Herbst ausgesetzt. So soll der Dokumentationsaufwand entsprechender Institutionen reduziert werden. Anlassbezogene Prüfungen finden allerdings weiterhin statt, wenn Pflegekassen beispielsweise über Missstände in einzelnen Einrichtungen informiert werden.

 

Körperliche Untersuchungen zur Einstufung von Pflegebedürftigen fallen weg

Ebenfalls noch bis September werden Pflegebedürftige nach Aktenlage sowie einem Gespräch per Telefon oder Video begutachtet. Aufgrund dieser Erhebungen findet dann eine Einstufung statt. Ziel ist es, unnötige Kontakte zu den Patientinnen und Patienten zu vermeiden.

 

Medizinische Dienste entlasten Pflegeeinrichtungen

Mit dem zusätzlichen Personal Medizinischer Dienste sollen Pflegeeinrichtungen eine Unterstützung erhalten. Rund 4.000 Pflegerinnen und Pfleger sowie rund 2.000 Ärztinnen und Ärzte arbeiten in den entsprechenden Diensten.

 

Keine persönlichen Besuche bei Pflegegeldbeziehern

Die gesetzlich verankerte Beratung von Pflegegeldbeziehern sowie die Überprüfung, ob die Pflege zu Hause gewährleistet ist, wird für die Pflegedienste ausgesetzt. Die bislang verbindlichen Besuche können – falls gewünscht – durch Beratungsgespräche per Telefon oder Video ersetzt werden.

 

Meldepflicht bei Corona-Infektionen in Pflegeheimen

Ob Bewohner oder Pflegekraft: Kommt es in einem Heim zu einer Ansteckung mit dem Coronavirus, ist dies der Pflegekasse zu melden. Daraufhin folgt eine Abstimmung zwischen Einrichtung und Pflegekasse: Inwiefern können Engpässe flexibel mit Personal aus anderen Bereichen überbrückt werden?

 

Aussetzen des Personalschlüssels

Leisten krankheitsbedingt weniger Pflegekräfte als gesetzlich vorgesehen ihre Arbeit, können Einrichtungen den Betrieb weiterhin aufrechterhalten. Der Personalschlüssel wird ausgesetzt und die Vergütung der Heime somit nicht gekürzt.

 

Pflegekasse gleicht Einnahmeausfälle aus

Durch die Corona-Krise entstandene Kosten oder Einnahmeausfälle werden zu Lasten der Pflegekasse ausgeglichen. Eine Kostenbelastung Pflegebedürftiger findet somit nicht statt.

 

Regionale Krankenhäuser und Ärzte erhalten Schutzausrüstung

Zentral beschaffte Schutzausrüstung wird an die einzelnen Landesgesundheitsämter geliefert – von dort aus erfolgt eine Zuteilung nach lokalem und regionalem Bedarf an die Pflegeeinrichtungen. Haben Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen bislang in Eigenregie ihren Bedarf an Schutzausrüstung, Desinfektionsmitteln und anderen Gütern gedeckt, erhalten sie in Zeiten des Mangels und der Lieferengpässe Unterstützung. Bereits Ende März hatte das Bundesgesundheitsministerium damit begonnen, medizinische Schutzausrüstung auszuliefern; auch ließ es verlauten, dass ein ständiger Austausch mit den Ländern und den Kassenärztlichen Vereinigungen bestehe. Anhand der Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesländer könne eine bedarfsgerechte Versorgung stattfinden. Konkret handelt es sich dabei um 500 Millionen FFP2/KN95/FFP3-Masken sowie 1,5 Milliarden Operationsmasken, die sich der Bund gesichert hat. Bereits im Besitz bzw. an die Zieladressaten ausgeliefert wurden insgesamt 570 Millionen Schutzmasken aller Kategorien (Stand Juni 2020). Bis in den Herbst hinein soll die Auslieferung der übrigen Masken erfolgen.

 

Pflegebonus als Wertschätzung?

Um die herausfordernden Leistungen der Kräfte in Altenheimen und in der ambulanten Pflege zu würdigen, hat der Bundestag auf Anregung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil einen sogenannten Pflegebonus auf den Weg gebracht. Über die Pflegeversicherung finanziert der Bund eine Zahlung von bis zu 1.000 Euro pro Person; durch Länderzuschüsse ist jedoch ein (steuer- und abgabenfreier) Bonus von insgesamt 1.500 Euro möglich. Wie hoch der Pflegebonus letztlich ist, hängt maßgeblich von drei verschiedenen Fragen ab: Um welche Art der Tätigkeit bzw. der Pflegeeinrichtung handelt es sich? Arbeitet die Pflegekraft in Voll- oder Teilzeit? In welchem Bundesland wird die Tätigkeit ausgeübt? Wer 2020 im relevanten Zeitraum hauptsächlich in der direkten Altenpflege und -betreuung arbeitet, kann den Bonus erhalten; im Falle einer Teilzeit erfolgt die Auszahlung anteilig. Ohne Frage, solch ein Bonus stellt einen guten Anfang dar. Pflegekammern beklagen allerdings seit Beginn der Diskussion eine Spaltung der Berufsgruppe: Eine Lösung für alle müsse her, denn schließlich trügen alle Beschäftigten im Pflegebereich ihren Teil dazu bei, das Land gut durch die Krise zu führen. Einmalige Bonuszahlungen können da nicht überdecken, dass es deutliche, und vor allem langfristige Verbesserungen benötigt.

 

* Quelle: bundesregierung.de

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Titelthema – Forschung & Innovation