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Berichte aus dem wahren Leben

Berichte aus dem wahren Leben

Foto: © Comofoto - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Einsätze am Limit, schnelles Handeln in Notfallsituationen und authentische Blicke hinter die Fassade: In unseren Buchtipps stellen wir Ihnen Menschen vor, die regelmäßig Erste Hilfe leisten, auf Missstände im Rettungsdienst aufmerksam machen oder ihr wertvolles Wissen auf spannende Art und Weise weitergeben möchten. Sie alle vereint der Wille, Mitmenschen in kritischen Situationen beizustehen.

 

Keine halben Sachen

Als „Doc Caro“ hat es sich „Deutschlands bekannteste Notärztin“ Dr. med. Carola Holzner (*1982) zur Aufgabe gemacht, ihr Fachwissen spannend zu vermitteln – per Social Media, Podcast und TV sowie in Buchform. Mit „Keine halben Sachen“ liefert die Medizinerin einen ungeschönten Einblick in die Notaufnahme als eigenen Mikrokosmos: Denn wie auch in unserer Gesellschaft spielen dort Vereinsamung, Armut, Sucht und Rassismus, aber auch Liebe, Familie und Hoffnung alltäglich eine Rolle. Als Fachärztin für Anästhesiologie ist die Oberärztin Holzner in der Notaufnahme, als Notärztin und auch bei der Luftrettung tätig. „Die Notaufnahme und der Rettungsdienst haben mich gelehrt, hinter die Fassade zu schauen – und auch mich zu hinterfragen“, erklärt „Doc Caro“ in diesem Besteller. So erzählt sie von der alleinerziehenden Mutter, die eine lebenswichtige Operation verweigert. Sie berichtet von dem verzweifelten Vater, der selbst dem Tod seiner kleinen Tochter einen Sinn geben will, indem er junge Ärzte aufrüttelt. „Dieses Buch ist so authentisch wie persönlich“ schreibt Carola Holzner. Das gilt auch für den Vorgänger „Eine für alle: Als Notärztin zwischen Hoffnung und Wirklichkeit“.

 

Strom

Wer in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren das damalige Musikfernsehen verfolgt hat, wird Tobias „Tobi“ Schlegl noch als flippigen Moderator verschiedener VIVA-Formate in Erinnerung haben. Später folgten unter anderem die Satiresendung Extra 3 sowie das Kulturmagazin aspekte. Für mediales Aufsehen sorgte der gebürtige Kölner allerdings im Sommer 2016, als er einen großen Teil seiner TV-Karriere aufgab, um eine dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter zu absolvieren. „Ich wollte nicht mehr über interessante Menschen nur berichten“, blickt Schlegl zurück. „Ich wollte selbst etwas machen, etwas Relevantes und Sinnvolles.“ Seine dortigen Erfahrungen hat er bereits in den Werken „Schockraum“ (2020) und „See. Not. Rettung. Meine Tage an Bord der SEA-EYE 4“ (2022) niedergeschrieben. Auch in „Strom“, seinem zuletzt erschienenen Werk, beleuchtet Tobias Schlegl die Situation im Gesundheitswesen – dieses Mal in Form eines Romans. Erzählt wird die Geschichte von Nora, die sich in der Ausbildung zur Notfallsanitäterin befindet, als sie bemerkt, dass sie schwanger ist. Während sich ihre Pläne in Luft aufzulösen scheinen, flüchtet sie sich in ein Praktikum auf der Demenzstation. Dort lernt sie das Leben von einer anderen Seite kennen: eigenwillige Patienten, intensive Pflege und emotionale Achterbahnen. „Nur wenige halten diesen Job eine lange Zeit durch“, so Schlegl. „Und meine Romane zeigen: Gerade die psychischen Belastungen werden allzu häufig vergessen und vernachlässigt.“

 

Einsatz am Limit

Luis Teichmann ist als Influencer, TikToker und Podcaster aktiv – und hat im Jahr 2022 erfolgreich den Master-Studiengang Rettungsingenieurwesen an der Technischen Hochschule Köln abgeschlossen. Auf seinen Social Media-Kanälen schildert Teichmann als @5_sprechwunsch die täglichen Erlebnisse und Eindrücke aus dem Rettungsdienst. Und auch in Buchform weiß der 1996er-Jahrgang zu fesseln. Denn mit „Einsatz am Limit. Was im Rettungsdienst schiefläuft – und warum uns das alle angeht“ wirft der Rettungssanitäter essenzielle Fragen auf: „Was, wenn das System kurz vor dem Kollaps steht? Wenn die Sanitäterinnen und Sanitäter am Limit fahren und die Notaufnahmen dicht machen?“ Hinzu kommen teils skurrile Begebenheiten aus der siebenjährigen Berufserfahrung Luis Teichmanns: Da sind Sätze à la „Ein Taxi ist so teuer und ich zahle doch auch Krankenkassenbeiträge“ oder „Wenn Sie mich mitnehmen, komme ich ja schneller dran!“ keine Seltenheit. Und auch gewalttätige Übergriffe und eine fortwährende psychische Belastung stehen im Rettungsdienst auf der Tagesordnung. Umso wichtiger erscheinen da die schonungslosen und authentischen Berichte in „Einsatz am Limit“, die vom Autor durch Lösungsansätze für die Zukunft ergänzt werden.  

 

Käsekuchen mit Sauerkraut

Mit Unterstützung der Autorin Miriam Collée erzählt Barbara Wentzel in diesem Werk von ihrem Mann, seinem Schicksal und „dem ganzen Irrsinn danach“. Denn kurz vor seinem 56. Geburtstag erleidet Henrik einen Schlaganfall – war zuvor das Leben des Paares mit tollen Kindern, Jobs und Freunden perfekt, verliert Henrik nun die Kontrolle über seine linke Körperseite. Auch nach der Reha kann er nicht den Rollstuhl verlassen. Neben diesen körperlichen Beeinträchtigungen, mit denen die Familie zurecht käme, sind es vor allem die Zerstörungen im Gehirn des Ehemanns und Vaters, die den Alltag gravierend erschweren. In „Käsekuchen mit Sauerkraut“ zeichnet Barbara Wentzel nach, wie ihr Mann mehr und mehr auch die Kontrolle über seine Gefühle einbüßt; Empathie und Realitätssinn gehen ihm verloren. Das liest sich mal wütend und schmerzvoll, aber auch tragikomisch und hoffnungsvoll. Aufgrund dieser Erfahrungen hat Barbara Wentzel den Verein „Haus für morgen e.V.“ gegründet. Dieser hat es sich zum Ziel gesetzt hat, eine neue Form des Wohnens für Menschen mit Schlaganfall oder ähnlichen Erkrankungen zu schaffen. Für ihr Engagement und ihre Aufklärungsarbeit wurde sie zudem mit dem „Motivationspreis“ in der Kategorie „Ehrenamtliche“ der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ausgezeichnet.    

 

Erste Hilfe für dein Kind

Larissa Meier ist Notfallsanitäterin, Erste Hife-Ausbilderin, Spezialistin für Unfallprävention – und Mutter. Aus ihrem Umfeld kennt sie die vielen Mythen und Unsicherheiten, die unter Eltern und Großeltern rund um die Erste Hilfe am Kind kursieren: „Und deshalb habe ich auf Instagram angefangen, dagegen zu arbeiten, indem ich mein Wissen teile und verbreite.“ Viele Menschen haben laut Meier Angst, in einer Notfallsituation etwas falsch zu machen – der größte Fehler sei es dann, gar nichts zu machen. Unter der Prämisse „Du kannst nichts falsch machen, du kannst es nur besser machen“ hat die Notfallsanitäterin daher auch ihren Erstling „Erste Hilfe für dein Kind. Verletzungen, Unfälle, akute Krankheiten – vorbeugen und richtig handeln“ veröffentlicht. Darin zeigt sie, worauf es bei der Ersten Hilfe an Baby und Kind ankommt, um Eltern und Großeltern ein bedürfnisgerechtes und zugewandtes Handeln zu ermöglichen. Denn im Alltag mit Kindern wird man schließlich schneller als man denkt mit heiklen Situationen und Problemen konfrontiert, seien es Vergiftungen, Fieberkrämpfe oder kleinere und größere Verletzungen. In diesem Ratgeber gibt Larissa Meier ihrer Leserschaft übersichtlich und verständlich an die Hand, was bei bestimmten Notfällen und Krankheiten zu tun ist. Ein wichtiger Punkt ist dabei auch die Unfallprävention: Wer weiß, wo im Haushalt die größten Gefahren lauern, ist auf kritische Situationen bestens vorbereitet.      

 

Letzte-Hilfe-Kurs

Martin Prein bietet – richtig gelesen – Letzte-Hilfe-Kurse an. Unter dem Motto: „Was alle angeht, müssen alle angehen“ vermittelt der Linzer Psychologe und frühere Bestatter seinen Teilnehmenden Wissen, Aufklärung und brauchbare Hilfestellungen für künftige Begegnungen mit dem Tod. Es sind ganz unterschiedliche Aspekte, die in diesen besonderen Kursen berührt werden: Da geht es etwa um dem Tod als Tabuthema, das eigentliche Begreifen des Todes, die Herausforderung, trauernden Menschen zu begegnen oder auch die Wertschätzung eigener Unsicherheiten und Bedürfnisse. Seine Praxiserfahrungen hat Martin Prein darüber hinaus in ein Buch einfließen lassen: In „Letzte-Hilfe-Kurs. Weil der Tod ein Thema ist“ verdeutlicht er, dass es kein Richtig oder Falsch in der Beschäftigung mit dem Ableben geliebter Menschen gibt. „Empowerment im Umgang mit dem Tod“, so bringt es der Autor auf den Punkt, „brauchen wir nämlich früher oder später alle.“ Bei all der Schwere des Themas lässt Prein in diesem Werk Empathie und auch eine Prise Humor nicht vermissen, um Trauernden ihre ganz eigenen Unsicherheiten zu nehmen.

 

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