Wechseljahre samt Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen auf der einen, Probleme, über „untenrum“ zu reden, auf der anderen Seite – Frauen und Männer im mittleren Lebensalter plagen sich mit ganz unterschiedlichen Sorgen, geht es um ihr gesundheitliches Wohlbefinden. Doch ob nun das gesellschaftliche Bild der Perimenopause oder die Mythen rund um den Gang zum Urologen: Es bedarf einer Generalüberholung. Unsere Buchtipps zeigen, dass dies durchaus auch mit Humor möglich ist.
Franca Parianen: Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt
Dr. Franca Parianen blickt auf ein Engagement am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig zurück und beschäftigte sich am Helmholtz Institut der Utrecht University mit dem Ursprung und Aufbau des menschlichen Zusammenlebens auf der Ebene der Neuronen und Hormone. Vor allem aber ist die 1989 geborene Wissenschaftlerin seit nunmehr sechs Jahren auch als Science-Slammerin unterwegs, um auf Theaterbühnen, medizinischen Kongressen oder Messen wortgewandt von ihrem Lieblingsthema zu berichten: wie Hormone uns Menschen formen. Dies tut die Gewinnerin des „Neuro-Slam der Deutschen Gesellschaft für Neurologie“ nun auch in ihrem mehr als 500 Seiten starken Werk „Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt“. Denn die Frage, inwiefern Testosteron, Endorphine und Co. unser Leben beeinflussen, ist – das stellt die Autorin klar – mit allerlei Mythen und Halbwissen verbunden.
Parianen findet einleuchtende Beispiele dafür, dass wir Östrogen, Testosteron oder Adrenalin gerne mal als „planlos umherschwirrende Störenfriede“ wahrnehmen. Und tatsächlich: Ist der Begriff „hormongesteuert“ in der Gesellschaft nicht eher negativ konnotiert? Werden die vielseitigen Botenstoffe nicht oftmals als störende Schwankung wahrgenommen? Der Autorin liegt es am Herzen, aufzuzeigen, dass Hormone durchaus unser Verhalten steuern, wir deshalb aber noch längst nicht fremdbestimmt leben. Als bühnenerfahrene Slammerin findet sie hierfür eine gewitzte Sprache, erkennt in den Hormonen eine gewisse „Hintergrundmusik in uns“, deren Melodie gelegentlich simpel sein mag, dann aber plötzlich auch aus ganz unterschiedlichen Beats zusammen gemixt wird. Und wie eben auch in der Musik geht es da mal traurig, mal fröhlich, mal schnell und dann wieder eher langsam zu. Heavy Metal vs. Leonard Cohen, wie Franca Parianen schreibt. Neben solcherlei eingängigen Bildern bleibt die Wissenschaft nicht auf der Strecke: Das Buch hält sachliche Hintergrundinformationen und neueste Forschungsergebnisse bereit – das untermauern schon die insgesamt 34 Seiten mit wissenschaftlichen Referenzen im Anhang. Die Autorin vertritt zudem klare Positionen zu Themen wie Nebenwirkungen der Pille, Hormontherapien oder die Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Medizin.
Hier gibt es einiges zu lernen über unser Hormonsystem, das niemals stillsteht, sondern, je nach Lebensphase und weiteren Umständen, gerne mal schwankt – übrigens geschlechtsunabhängig. Testosteron etwa hilft beim Flirten, das Stresshormon Kortisol lässt besonders emotionale Erinnerungen aufleben, und Dopamin wird im Volksmund gerne zum „Glückshormon“ erklärt. Oder, wie es Franca Parianen kurzum auf den Punkt bringt: „Alles hängt mit allem zusammen.“
Was passiert beim Urologen?
Von „Infotainment“ ist heutzutage die Rede, wenn Wissenswertes auf amüsante Art und Weise vermittelt wird. Auch der niedergelassene Urologe Dr. Christoph Pies hat es sich zur Aufgabe gemacht, Informatives aus dem Praxisalltag im unterhaltsamen Stile an den Mann (und auch die Frau) zu bringen. „Was passiert beim Urologen?“, so der Titel seines Buches. Darin stellt der Mediziner fest, dass selbst die eloquentesten Zeitgenossen recht einsilbig werden, wenn sie über „untenrum“ reden sollen oder müssen. Erektionsprobleme, Schmerzen im Unterleib oder Probleme beim Wasserlassen: Dr. Christoph Pies erlebt es in seiner Praxis immer wieder, dass über bestimmte Angelegenheiten nur ungern gesprochen wird. Dank Einblicken in den Urologenalltag und auch in den OP erhalten der Leser und die Leserin einen spannenden und vor allem vielfältigen Einblick in das Fachgebiet. Pies' Hauptanliegen mit seinem „Enthüllungsbuch für SIE & IHN“: Sensibel und humorvoll aufzeigen, dass niemand Angst vorm Gang zum Urologen haben muss.
Es ist nur eine Phase, Hase
„Midlife-Crisis“, kein schönes Wort. Maxim Leo und Jochen Gutsch haben eine etwas harmlosere Umschreibung für all jene gefunden, die mit der heiklen Zeit zwischen Anfang 40 und Ende 50 so ihre Probleme haben: „Alterspubertierende“. Dabei handelt es sich – laut Autorenduo – um angegraute und bequeme Wesen, die sich nach Ruhe sehnen, ihr Heil in langen Wanderungen finden und gerne von früher, wo bekanntlich alles besser war, berichten. Und wenn dann doch mal der Besuch eines Pop-Konzerts ansteht, dann bitte aber mit Sitzplatzgarantie! Dieses Trostbuch für Alterspubertierende hält sowohl Ratschläge für die männliche Spezies (zwängen ihren runden Ü45-Körper in Neoprenanzüge und beginnen einen Kitesurf-Lehrgang) als auch das weibliche Pendant (flüchten sich gern in die Spiritualität und „wollen sich neu entdecken“) bereit. Nach der Lektüre bleibt die beruhigende Gewissheit: Alterspubertierende sind die größte Bevölkerungsgruppe in Europa. Und es ist nur eine Phase, Hase.
Woman on Fire
In ihrem jüngst erschienenen Ratgeber „Woman on Fire“ stellt Dr. Sheila de Liz („Deutschlands beliebteste Gynäkologin“) klar: „Die Wechseljahre sind cooler, als wir glauben!“ Vielmehr noch, das gesellschaftliche Bild der Perimenopause sei hoffnungslos veraltet und benötige eine Generalüberholung. Die 1969 in New Jersey geborene Sheila de Liz kam in ihren Teenager-Jahren nach Deutschland, studierte in Mainz Medizin und führt heute eine eigene Praxis in Wiesbaden. Mit ihren Büchern, Kolumnen und einem YouTube-Kanal hat es sich die Medizinerin zur Aufgabe gemacht, Frauen in die Geheimnisse ihres Körpers einzuweihen. Ob Hitzewallungen, Gewichtszunahme oder Stimmungsschwankungen – viele Frauen, so die Autorin mit Blick auf die Wechseljahre, leiden heutzutage unnötig („Keine muss da durch!“). Das Buch unterstützt die Leserinnen dabei, Beschwerden zu identifizieren, um anschließend etwas für die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu tun.
Darüber spricht man nicht
Als Ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten weiß Dr. Yael Adler, wovon sie spricht bzw. worüber sie schreibt – in ihrer Praxis dreht sich vieles um die Tabuthemen ihrer Patienten. Als da wären: Inkontinenz, Erektionsstörungen oder auch Körpergeräusche jeglicher Art. Leiden, die Hunderttausende kennen und die sie dennoch öffentlich nicht auszusprechen wagen. Die Autorin packt diesen Umstand von der humorigen, unverkrampften Seite an und beleuchtet Tabuzonen und -themen, nicht ohne an interessanten Informationen zu sparen. Dr. Yael Adler, die auch im Fernsehen und Hörfunk als Expertin gefragt ist, verrät: „Tabus sind quasi mein täglich Brot. Ich begegne in meiner Praxis Menschen, die sehr fremdeln – mit sich, mit ihrem Körper. Menschen, die lange still vor sich hin leiden, sich schämen und ... schweigen.“ Doch ob Ausschläge an privaten Stellen oder der Verdacht einer Geschlechtskrankheit: Nur wer sich traut, über solch vermeintliche Tabuthemen zu sprechen, kann ihnen auch die Macht nehmen und verstehen, was im eigenen Körper passiert. Dieser Ratgeber versteht sich daher als Mutmacher.
Männer-TÜV
Laut Verlag handelt es sich bei diesem Werk um den „ersten Gesundheitsratgeber, den Mann wirklich liest.“ Um dieses Ziel zu erreichen, bietet der Autor Dr. Christoph Pies einen Mix aus Mann-gerechten Informationen und einer ordentlichen Portion Unterhaltung. Dies lässt sich schon am Inhaltsverzeichnis erahnen, tragen die einzelnen Kapitel doch Titel wie „Werkstatt und Inspektion“ (Arztbesuch und Vorsorge), „Ölpumpe und Ölkreislauf“ (Das Herz-Kreislauf-System), „Belüftung“ (Das Atmungssystem) oder auch „Fahrgestell“ (Bewegungsapparat). Der Hintergrund allerdings ist ein ernster, fällt es doch immer noch vielen Männern schwer, die Dinge – hier: die Organe – beim Namen zu nennen. Dr. Christoph Pies hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine männliche Leserschaft dabei zu unterstützen, den eigenen Körper besser kennen- und verstehen zu lernen. So kommen etwa Herz, Nieren, Harn- und Genitalsystem auf den Prüfstand – inklusive Checkliste für die persönliche Männer-TÜV-Plakette.
Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles!
Rezensionen zu diesem Werk sprechen eine deutliche Sprache. Die Bloggerin Marlene Hellene etwa sieht im Buch einen Weckruf: „Aufrüttelnd, wie ein »Mamaaaa« nachts um drei. Klug, wahr und dringend notwendig. Jede Frau sollte es lesen. Und danach an zwei Männer weitergeben. Mindestens!“ Und tatsächlich: Die Autorin Laura Fröhlich (heuteistmusik.de) deckt mit „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles!“ auf, dass stereotype Geschlechterrollen bis heute dazu führen, dass sich Frauen zwischen Care-Arbeit und Erwerbstätigkeit aufreiben. Das zeigt nicht zuletzt die Corona-Krise, die manch eine Frau zurück in die 50er-Jahre manövriert hat: Mama beschult und bekocht die Kinder; nebenbei wird über Medienzeiten diskutiert. Was Eltern gewinnen, wenn sie den Mental Load (mentale Last) teilen, zeigt dieser Ratgeber mit klugen Analysen, hilfreichen Tipps und fairen Lösungen für alle Beteiligten.