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Kreideschild mit Holzrahmen und weißer Aufschrift "Landarzt gesucht" hängt an Holzzaun vor grüner Wiese

Landärztemangel – Das Problem in den Köpfen

Foto: © Marco2811 - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
3 Min.Lesezeit

In ländlichen Gegenden müssen Patienten immer häufiger weite Wege zurücklegen, um einen Arzt aufzusuchen. Auch werden Hausärzte hierzulande zusehends älter, finden aber keine Nachfolger, die sich eine Niederlassung jenseits der Stadt vorstellen können. Eine alarmierende Entwicklung, die mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen abgefedert werden soll. Laura Löffler von der Ärztegenossenschaft Nord eG über Ursachen, Chancen und Lösungen in Sachen Landärztemangel.

Möchte man das Problem der mangelnden medizinischen Versorgung genauer untersuchen, gilt es, gleich mehrere Faktoren in Betracht zu ziehen. So haben sich die Strukturen in ländlichen Regionen über die Jahre gewandelt: Supermärkte schlossen ihre Pforten, Postfilialen zogen weg und aufgrund der Konkurrenz durch den Versandhandel haben mittlerweile auch viele Apotheken zu kämpfen. Gleichzeitig zieht es junge Menschen vermehrt in die Städte. Während indes bei Allgemeinmedizinern der Altersdurchschnitt steigt, strebt die kommende Ärztegeneration vermehrt Teilzeitstellen an – die Nachfolgeregelung für eine Praxis gestaltet sich somit zusehends schwieriger. Zu all diesen Ursachen gesellt sich noch ein Problem in den Köpfen: Dort hat sich mitunter ein recht schiefes Bild des betroffenen Berufsfeld verfestigt, das sich aus Vorurteilen, Klischees und Vorabendserien zusammensetzt. Der Landarzt, irgendwo zwischen Traktor, Fachwerkhaus und 24-Stunden-Bereitschaftsdienst?

Laura Löffler ist stellvertretende Geschäftsführerin der Ärztegenossenschaft Nord eG mit Sitz in Bad Segeberg, leitet dort das Ressort „Regionale Versorgung“ und verdeutlicht: „Je nach Region sind natürlich Unterschiede festzustellen. Hier in Schleswig-Holstein etwa haben wir die besondere Situation mit den Inseln. Wer dort eine Einzelpraxis führt, wird natürlich auch außerhalb der Behandlungszeiten von den Patienten angesprochen. Der typische Fall ist heute aber eher eine Praxisgemeinschaft mit festen Arbeitszeiten, Hausbesuchen und einem guten Maß an Flexibilität.“ Tatsächlich ist es das bereits erwähnte Problem in den Köpfen, das Laura Löffler für den negativ-behafteten Ruf des Landarztes heranzieht: „Zur Eindämmung der Ärzteschwemme in den 1980er-Jahren wurde über viele Jahre hinweg falsche Presse betrieben und Angst vor Regressen geschürt. Hohes Arbeitspensum, wenig Ertrag – so die damalige Berufsdarstellung des Hausarztes.“ Diese Denkweise ist heute ins Negative umgekippt, denn längst ist aus der Schwemme in vielen Regionen ein Mangel geworden.

Hilft eine Landarztquote?

Als erstes Bundesland führte Nordrhein-Westfalen die in der Politik viel diskutierte Landarztquote im Medizinstudium ein. Das bedeutet seit dem Wintersemester 2019/2020 in einem ersten Schritt konkret: Außerhalb des eigentlichen Vergabeverfahrens gehen 7,6 % der Medizinstudienplätze an Bewerber, die sich vertraglich dazu verpflichten, nach ihrem Abschluss für zehn Jahre in einer Region als Hausarzt zu arbeiten, wo Unterversorgung herrscht. Der Freistaat Bayern folgt dieser Regelung ab dem kommenden Wintersemester und reserviert 5,8 % aller Studienplätze für angehende Landärzte; Rheinland-Pfalz reagiert mit dem „Landesgesetz zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen“ ebenfalls (6,3 %). Weitere Länder planen, prüfen und entwerfen Gesetze. Doch bilden zugesicherte Studienplätze und finanzielle Anreize tatsächlich die notwendige schnelle Hilfe ab? „Erster Ansatz sollte vielmehr sein, zentral vor Ort eine attraktive Infrastruktur aus ambulanten Dienstleistern aufzubauen“, so Laura Löffler. „Zudem müssen mehr Kooperationen mit anderen Berufen bei gleichzeitig weniger Bürokratie stattfinden. Auch gemeinsame Projekte mit der Pflege wären denkbar.“ Damit Patient und Arzt wieder mehr zusammenwachsen, arbeitet die Ärztegenossenschaft Nord eG eng mit den Kommunen vor Ort zusammen. Gemeinden und auch größere Städte etwa, in denen Probleme bei der Nachbesetzung von Praxen bestehen. Laura Löffler erkennt hier eine erfolgversprechende Zusammenarbeit: „Die Kommunen verfolgen in erster Linie gemeinnützige Interessen, investieren in Steine und erleichtern so beispielsweise die Etablierung von Versorgungszentren.“

Onlinesprechstunde als moderne Ergänzung

Wirtschaftlichkeit steht für die Ärztegenossenschaft nie an erster Stelle – vorrangiges Ziel ist stets, die ärztliche Versorgung vor Ort langfristig zu sichern. Dies kann auch dank moderner Lösungen der Telemedizin geschehen. Fehlt es in ländlichen Regionen an Ärzten oder ist ein Patient mobil eingeschränkt, kann die Onlinesprechstunde eine passable Alternative zum Praxisbesuch sein und vorhandene Lücken schließen. „Es ist abzusehen, dass vielerorts die fachärztliche Versorgung flächendeckend nicht zu halten ist“, blickt Laura Löffler in die nicht allzu ferne Zukunft. „Hier kann ich ein Projekt nennen, das wir gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse auf den Weg gebracht haben. Patienten des Gesundheitszeitrums Büsum ist es möglich, mit Haus- und Facharzt ein gemeinsames Telekonsil durchzuführen. Ein zusätzlicher Praxisbesuch – etwa beim Augenarzt – entfällt somit.“ Da der Hausarzt wie erwähnt an dieser „Videosprechstunde“ teilnimmt, können sämtliche Fragen koordiniert beantwortet werden. Klar ist: Diese Technik stellt keinen Ersatz des Haus- oder Facharztes dar. Vielmehr bildet die Fernbehandlung eine moderne Ergänzung ab.

Laura Löffler zeigt Verständnis dafür, dass eine Anstellung für die nachrückende Ärztegeneration wichtig ist: „Gleichzeitig möchten wir als Ärztegenossenschaft aber auch die Attraktivität einer eigenen Praxis herausstellen und Brücken bauen. Heißt, es angehenden Ärzten, die sich noch nicht selbstständig machen möchten, jedoch eine spätere Niederlassung anstreben, ermöglichen, als Angestellter in den Beruf hineinschnuppern.“ Letztlich müssen für den Erhalt der regionalen Versorgung jedoch alle Beteiligten auf Bundes- und Landesebene an einem Strang ziehen, damit es nicht nur bei Leuchtturmprojekten bleibt, sondern zukunftsfähige Ideen Realität werden können.

aegnord.de

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