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Bewusst atmen, gesund leben

Bewusst atmen, gesund leben

Foto: © Miljan Živković - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Box Breathing, Mouth Taping und Rebound-Effekte: Wer sich ein wenig genauer mit dem lebensnotwendigen Vorgang des Atmens beschäftigt, wird feststellen, dass es dabei um so viel mehr geht als die einfache Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft. Während entspannende Atemtechniken für mehr Gelassenheit und Achtsamkeit im Alltag sorgen, richten sich Social Media-Trends und mobile Apps an all jene, die über ihre Atmung zum Beispiel einen besseren Schlaf erlangen möchten. Was davon ist förderlich? Was eher fragwürdig? Eine Reise in die Welt der Atmung:

World Breathing Day

Nationale und internationale Gesundheitstage verfolgen den Zweck, in der Gesellschaft das Bewusstsein für verschiedene Erkrankungen und Gesundheitsthemen zu schärfen – da wären etwa der Deutsche Venentag (12. April 2025), die Europäische Impfwoche (20. bis 26. April 2025), der Welthändehygienetag (05. Mai 2025) oder auch der Internationale Tag der Pflegenden (12. Mai 2025). Da darf ein Ehrentag für unsere Atmung natürlich nicht fehlen: Der World Breathing Day (Weltatemtag) am 11. April 2025 lädt alle Interessierten dazu ein, sich mit der heilenden und lebenswichtigen Kraft des Atmens auseinanderzusetzen. Vielerorts bieten dann Events die Möglichkeit, einen Moment innezuhalten und bewusst auf die eigene Atmung zu achten. Gleichzeitig soll der World Breathing Day für die Bedeutung sauberer Luft und die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks sensibilisieren.

ibfbreathwork.org

 

Atemtechnik zum schnellen Einschlafen

In ganz unterschiedlichen Alltagssituationen kann es wertvoll sein, auf die eigene Atmung zu achten: Mit der richtigen Technik lassen sich etwa Stress- und Angstsituationen besser bewältigen. Auch unsere Herz-Kreislauf-Gesundheit ist durch das bewusste Ein- und Ausatmen positiv zu beeinflussen. Und wie steht es um die Nachtruhe? Nach einem langen und anstrengenden Tag fällt es schon mal schwer, abends in den Schlaf zu finden. Mit einer ruhigen Atmung beeinflussen wir unser autonomes Nervensystem und gelangen in einen Zustand der Entspannung. Als beliebtes Beispiel gilt die sogenannte 4-7-8-Atmung, die wie folgt funktioniert: Durch die Nase einatmen und mit einem pustenden Geräusch per Mund wieder ausatmen. Nun den Mund schließen und wieder ruhig durch die Nase einatmen. Dabei in Gedanken bis vier zählen. Im Anschluss die Luft anhalten und innerlich bis sieben zählen. Zuletzt mit geöffnetem Mund wieder vollständig und hörbar ausatmen – währenddessen im Kopf bis acht zählen. Alle Schritte viermal wiederholen. Wichtig: Es kommt bei dieser Übung nicht auf die Länge der Atemzüge, sondern das ihnen zugrunde liegende zeitliche Verhältnis an. 

 

Box Breathing: Atemtechnik der Navy SEALs

Die United States Navy SEALs stellen Spezialeinheiten der U.S. Navy dar, die zu den härtesten der Welt zählen („SEAL“ = Akronym aus den Wörtern Sea, Air, Land). So schafft es statistisch gesehen nur einer von 1.000 Bewerbern, in die Grundausbildung der SEALs aufgenommen zu werden – und diese erstreckt sich über 26 Wochen! Da die Elitesoldaten sich praktisch bei jedem Einsatz in Lebensgefahr begeben, sind sie stets Extremsituationen ausgesetzt. So nutzen sie verschiedene Mentaltechniken, um neben der körperlichen auch ihre emotionale Fitness zu trainieren. Dazu zählt eine Atemtechnik, die sich Box Breathing nennt, ebenso bekannt als Vier-Viertel-Atem. Die Durchführung ist denkbar einfach: Vier Sekunden einatmen – Atem für vier Sekunden anhalten – vier Sekunden ausatmen – für vier Sekunden eine Pause einlegen. Diese leichte Atemübung, die auf vier gleich langen Phasen des Atemzyklus basiert, wirkt stressreduzierend, verbessert die Konzentration und erhöht die mentale Klarheit – und das nicht nur bei den Navy SEALs!

 

Teufelskreis in der Nasenschleimhaut

Mit einer freien Nase fällt der Tag leichter und der Schlaf geruhsamer aus. Da verwundert es kaum, dass Nasensprays bundesweit zu den meistverkauften Medikamenten zählen – kleiner Sprühstoß, große Wirkung. Wenn im Herbst und Winter viele Menschen unter Erkältungen und Schnupfen leiden, greifen sie gerne vermehrt zu den verschreibungsfreien Mitteln, basierend auf Meerwasser oder auch mit abschwellender Wirkung. Allerdings warnen Hausärzte, HNO-Ärzte sowie Apotheker regelmäßig davor, die abschwellende Variante länger als eine Woche anzuwenden, gewöhnen sich die Nasenschleimhäute bei fortlaufendem Gebrauch doch an die umgehend befreiende Wirkung. Eine mögliche Folge ist der sogenannte „Rebound-Effekt“ – während die Wirkung nachlässt und die Schleimhäute abermals und noch stärker anschwellen, fordert der Körper den Wirkstoff erneut. Gegen diesen „Teufelskreis in der Nasenschleimhaut“ kann neben einem kontinuierlichen Ausschleichen und der stetigen Reduktion der Sprühstöße auch die „Ein-Loch-Therapie“ wirksam sein: Dabei ist das Medikament solange in lediglich nur ein Nasenloch zu sprühen, bis das Gefühl entsteht, durch eben diese Öffnung besser atmen zu können. So lässt sich für das zweite Nasenloch die Dosis schrittweise reduzieren.  

 

Breath Ball: Stressabbau

„Diese App hilft dir, leichter einzuschlafen, achtsam zu bleiben und Stress zu überwinden.“ So die Versprechen der Macher von „Breath Ball“, einer Anwendung fürs Smartphone, die dem Nutzer dabei helfen soll, bewusster zu atmen. Und so funktioniert’s: Mit einem virtuellen Ball, der auf dem Bildschirm erscheint und dabei größer und kleiner wird, gilt es im Takt ein- und auszuatmen. Dabei erfährt der App-Nutzer idealerweise eine Entspannung und verlangsamt seine Atmung auf sechse Züge pro Minute. Darüber hinaus hält „Breath Ball“ auch Atemübungen zum Meditieren und Einschlafen sowie zum Verschnaufen speziell für COPD-Patienten bereit. Jede Übung kommt mit einer kurzen Anleitung daher, die innerhalb weniger Minuten die wichtigsten Fakten vermittelt. Als Add-on lassen sich auch eigene Atemübungen individuell anlegen.  

breathball.com

 

Mouth Taping

Schon einmal vom Social Media-Trend „Mouth Taping“ gehört? Dieser legt auf Instagram und TikTok nahe, nachts vor dem Schlafen den Mund mit einem speziellen Pflaster zu verkleben, um so das Atmen durch eben jenen zu verhindern. Das soll sich unter anderem positiv aufs Schnarchen auswirken. Im Umkehrschluss fördere es die Nasenatmung, was die Gesundheit generell verbessere. Tatsächlich besitzt die reine Nasenatmung viele Vorteile: Beim Einatmen wird die Luft erwärmt, befeuchtet und darüberhinaus dank der feinen Behaarung in der Nase gereinigt. Ebenso findet bei dieser Atmung eine Bekämpfung vieler Erreger statt, bevor sie überhaupt in den Körper gelangen können – die körpereigene Immunabwehr ist in der Nasenschleimhaut aktiv. Ein Nachweis, der das sogenannte Mouth Taping als medizinisch sinnvoll einstuft, existiert allerdings bislang nicht. Auch Schlafmediziner verweisen auf das Fehlen entsprechender Studien. Besonders Kindern sowie Menschen mit Atemwegserkrankungen, Allergien oder Angststörungen raten Experten von diesem Social Media-Trend ab.    

 

Gefahren durch Lachgas

Eine beliebte Partydroge, die frei verkäuflich ist: Lachgas wird immer häufiger als Rauschmittel (ohne Beimischung von Sauerstoff) konsumiert, meist aus kleinen Gaskartuschen, die ursprünglich für das Aufschäumen von Sahne hergestellt worden sind. Längst wird das farblose Gas mit dem leicht süßlichen Geruch aber auch in größeren Zylindern an Kiosken und in Automaten angeboten. Vor allem in der Zahnmedizin wird Lachgas als mildes und nebenwirkungsarmes Betäubungsmittel (Distickstoffmonoxid) eingesetzt – dort entfaltet es eine beruhigende und angstlösende Wirkung. Vorwiegend Jugendliche und junge Erwachsene sehen in Lachgas jedoch vermehrt auch eine relativ sichere Droge, die leicht und eher günstig zu beschaffen ist. Das Einatmen – etwa per Luftballon – führt im Gehirn umgehend zu euphorischen und entspannenden Gefühlen. Allerdings bestehen erhebliche Gesundheitsrisiken: Lachgas kann dazu führen, dass die Konsumenten die Kontrolle über ihre Bewegungen verlieren, da mitunter die Wahrnehmung beeinträchtigt ist. Experten warnen zudem vor Sauerstoffmangel, Erfrierungen sowie langfristigen neurologischen Schäden. Auch kann der erhöhte Druck des komprimierten Gases zu Verletzungen der Lunge (Lungenriss) führen. Während in Deutschland kleine Kartuschen und Zylinder legal zu erwerben sind, ist in Frankreich der Verkauf von Lachgas an Minderjährige mittlerweile verboten.

 

Breath Your Life

Eine neue rund 50-minütige ARD-Dokumentation entführt die Zuschauer in die spannende Welt des Atmens: Was macht eine richtige Atmung aus? Inwiefern hilft sie in Stresssituationen? Und ist der eigene Atem tatsächlich eine geheime Superkraft, die in uns schlummert? Die beiden Regisseurinnen Rebecca Kirkland und Tanja Reinhard blicken in „Breath Your Life“ auf das scheinbar Selbstverständlichste der Welt – beweisen gleichzeitig aber auch, weshalb die Atmung den „Motor unseres Lebens“ darstellt. Yasin Seiwasser, Atem- und Mentalcoach vom Fußballclub SV Werder Bremen, ist ehemaliger MMA-Europameister und Ex-Bodyguard der saudi-arabischen Königsfamilie. Neben weiteren Experten stellt er in der Dokumentation klar: „Der richtige Atem kann dein Leben komplett verändern. Er kann das Unmögliche möglich machen, jeder kann es!“

ardmediathek.de

 

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